DOTA

#Kulturtipps #Musik #SatzFetzen #Interview

Was ist heutzutage eigentlich noch authentisch in der Musikbranche? DOTA, früher bekannt unter dem Namen DOTA und die Stadtpriraten, verstehen es schon seit Jahren zuverlässig, die Ohren, Hirne und Herzen ihrer Fans zu berühren, zu verwirren und zu begeistern. 

[Text: Charlotte Karnasch | Fotos: Annika Weinthal]

 

Fernab von Mainstreampop, Profitstreben und irgendwie auch fernab des musikalischen Zeitgeists bereichert die Berliner Band, bestehend aus Dorothea [Dota] Kehr [voc, git], Jan Rohrbach [git] Janis Görlich [drums] und Patrick Reising [keys] die Musikbranche mit ihren genreübergreifenden, geistreichen Songs. Lead-Sängerin Dorothea Kehr, die ihre Karriere als Straßenmusikerin begann und deshalb auch als Kleingeldprinzessin bekannt ist, singt zart und leise über Liebe und Sehnsucht, um dann locker flockig mit viel Witz und Charme den Widrigkeiten des Alltags die Zunge rauszustrecken. Wunde Punkte unserer Gesellschaft trifft sie zielsicher mit zynisch-bissigen Texten, besonders wenn es um Themen geht, die sie wirklich beschäftigen und die uns alle beschäftigen sollten: Umwelt, Migration, Gerechtigkeit und das Leben als Gemeinschaft auf einem geteilten Planeten. Die Musikerin, Musikproduzentin und studierte Medizinerin flößt dem Publikum bittersüße Klangmedizin ein, experimentiert mit Lauten, Rhythmen und Worten bis etwas Zartes, Fröhliches, Beängstigendes oder Zynisches dabei herauskommt. Mit Tiefgang hat es diese Ausnahme-band geschafft, sich so fest in der Musikszene zu verwurzeln, dass sie nur abheben, wenn sie ihren Raketenrucksack aufsetzen, der vollgepackt ist mit hochexplosiven, gesellschaftskritischen Zündstoff. Dass DOTAs Lieder einen bleibenden Eindruck hinterlassen, werden sie im Januar auch in der musa unter Beweis stellen, wenn sie, unterstützt von Lilia Antico [Vibraphon], auf ihrer Tour DOTA MIT GROSSEM BESTECK ihr neues Album Die Freiheit vorstellen. Doch bevor es soweit ist, spielte die wundervolle Dorothea Kehr eine Runde Satzfetzen mit uns.

Satzfetzen* ist wie Pingpongspielen, nur ohne Bälle, aber mit Punkten und Kommas. Denn das Spielfeld besteht aus Worten und die einzige Regel lautet, dass jeder Satz aus grammatikalischen Gründen einen Anfang und ein Ende braucht. Und weil die Charlotte vom VONWEGEN damit angefangen hat, muss die DOTA am Ende zum Punkt kommen. Los geht’s!

Du hast begonnen Straßenmusik zu machen, weil … ich meine Lieder ausprobieren wollte.

Menschentrauben bilden sich um Straßenmusiker, wenn … sie wissen, wie man unterhält, groovt, Spannung aufbaut und Spielfreude versprüht.

Die Band mit der Du auftrittst, ist für Dich … die beste Band der Welt und drei Menschen, mit denen ich immer gerne unterwegs bin.

Für ein Medizinstudium entschieden hast Du Dich, weil … ich nach der Schule ziemlich ratlos war, was ich machen will, und Medizin mich irgendwie entfernt interessiert hat, und vielleicht erschien es mir auch naheliegend, weil mein Bruder das auch schon angefangen hatte zu studieren.

Wenn Du unserer Gesellschaft ein Rezept ausstellen könntest, dann würde darauf stehen … weniger Konsum, mehr Bewegung.

Besonders viel Wert in Deinen Liedern legst Du auf … eigenständigen Sound, originelle Musik, stimmige Metaphern, gute Reime, verdichtete Zeilen.

Worte sind für Dich … mal Mittel zum Zweck – mal geschmeidiges, mal garstiges Arbeitsmaterial.

Deine frühen Songs unterscheiden sich von den neuen vor allem dadurch, dass … ich früher oft die erste Idee stehen gelassen habe und jetzt vielleicht gründlicher alles abklopfe.

Deine Texte sind sehr bildlich! Wenn Du ein Bild von Dir selbst malen würdest, dann … würde ich das schnell wieder aufgeben, weil Malen so gar nicht mein Ding ist.

Der Text zu „Alles Dur“ entstand … 2003 und das kommt mir vor wie vorgestern.

Wenn Du Dir Deine eigenen Lieder anhörst, dann achtest Du besonders auf … den Wandel meiner Stimme in den letzten Jahren, mit dem ich eigentlich ganz zufrieden bin.

Das Lied, das in Deinem Sinne „dem perfekten Song“ am nächsten kommt, ist … Construção von Chico Buarque.

„Die gleichen Idioten – das gleiche Problem. Neue Generation“ – falls es Hoffnung gibt, dass wir unseren Planeten noch retten können, dann weil … wir uns dafür einsetzen.

Und wenn da keine Hoffnung ist, dann weil … die Bedürfnisse und Wünsche von Milliarden von Menschen gestillt werden müssen, weil Aggressionen ausbrechen können, wenn keine anderen Wege gefunden werden, weil zerstörerisches Verhalten aus Gewohnheit beibehalten wird und weil es einfach verdammt unwahrscheinlich ist, dass ein sozial-ökologischer Kapitalismus möglich wäre, weshalb etwas Neues her müsste, aber was?

Richtig genervt bist Du von … ach, mal dies mal das wie beispielsweise Stagnation und behauptete oder gefühlte Alternativlosigkeit, die sehr nerven können.

Im besten Fall bist Du in zehn Jahren … auf der Bühne mit wiederum ganz neuen Liedern, von denen ich jetzt noch nichts ahnen kann.

Bei Deinen Konzerten können die Leute davon ausgehen, dass … es abwechslungsreich, ernst, lustig und tanzbar ist, Musik und Text ihren jeweiligen Platz einnehmen, tolle Musiker mitspielen und vor allem sehr nette Leute kommen.

Wenn Du an Deine bisherigen Auftritte in Göttingen denkst, dann siehst Du … schöne Abende in der musa sowie im extrem voll gequetschen Café Kreuzberg und meine ganze Verwandtschaft, die rund um Göttingen wohnt.

Zum Abschluss muss nochmal gesagt werden, dass … wir ein neues Programm spielen mit zwei Gastmusikern und einigen bisher noch gar nicht live gespielten aktuellen Stücken, ein paar Überraschungen von älteren Alben und einigen ganz neuen Liedern, denn im März 2020 kommt ein neues Album raus.

Herzlichen Dank, liebe DOTA!

 

PS: Dieser Artikel erschien erstmalig in der 20. Ausgabe des VONWEGEN-Magazins im Januar 2020.

 

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