Dem Glimmstängel abschwören
#Wohlbefinden #Lokales
Mit dem Rauchen aufzuhören, ist verdammt schwer, und nicht wieder damit anzufangen noch viel mehr. Nachdem wir den Kampf gegen den Glimmstängel schon unzählige Male verloren hatten, waren wir bereit, nach jedem noch so dünnen Strohhalm zu greifen, und probierten es mit Hypnose.
Wir leben in einer entzauberten Welt, in der immer alles rational erklärt werden muss. Wenn wir ein Problem haben, versuchen wir es mit unserem Verstand zu lösen, Entscheidungen treffen wir, indem wir die Vor- und Nachteile akribisch abwägen. Doch tatsächlich stoßen wir damit oft an unsere Grenzen. Hat nicht jeder von uns schon in einer geistigen Sternstunde die Weisheit erlangt, was zu tun wäre, um das eigene Leben zu verbessern? Einfach mal keine Schokolade mehr essen, abends für ein halbes Stündchen die Laufschuhe schnappen und ein paar Ründchen um den Kiessee drehen. Davor vielleicht noch die letzte Kippe des Lebens ausdrücken und anstatt sich ein Feierabendbierchen zu genehmigen lieber die Hirnfunktionen via einschlägiger Apps auf Trab bringen. Schön gedacht, aber in der Realität doch ziemlich schwer gemacht.
#993300; ">Zauberkräfte aktivieren
[Vanessa]: Wenn man dem Glimmstängel abschwören will, dann hält man sich an jedem Strohhalm fest. Deshalb dachte ich an meinen alten Bekannten, den Hypnosecoach Ulf Kossel. Schließlich hatte ich den dringenden Verdacht, dass er vor ein paar Jahren mein Männerproblem geheilt hatte, ohne mich überhaupt zu therapieren. Vielleicht lag es auch gar nicht an ihm und unserem damaligen Plausch, aber womöglich doch, jedenfalls war das Problem danach plötzlich weg und ich konnte mich endlich wieder ohne Vorbehalte verlieben – und zwar in Andreas, mit dem ich seither sehr viel Spaß habe und unzählige Zigaretten rauchte, bis wir mit Letzterem aufhören wollten. Nachdem wir damit mehrmals gescheitert waren, kam mir der gute Ulf wieder in den Sinn. Ich fragte mich, ob seine vermeintlichen Zauberkräfte auch in Sachen Aufhören wirksam sind und setzte ihn auf uns an, obwohl ich in Bezug auf Hypnose mehr als skeptisch war.
#993300; ">Die irrationale #993300; ">Rationalität
Dem ganzen Rationalitätswahn zum Trotz ist sich die Wissenschaft darüber einig, dass wir tatsächlich nur einen kleinen Bruchteil unserer Entscheidungen mit unserem Verstand treffen und der Rest von unserem Unterbewusstsein erledigt wird. Denn sonst wären wir gar nicht lebensfähig. Wenn wir uns jeden Morgen bewusst entscheiden müssten, ob wir Kaffee oder Tee trinken, ob wir uns lieber Wurst, Käse oder Marmelade auf’s Brot schmieren und wie wir am geschicktesten mit der Zahnbürste hantieren, dann hätten wir wahrscheinlich abends immer noch unseren Schlafanzug an und ansonsten nicht viel geschafft. Damit wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können, bemerken wir bei den meisten Entscheidungen nicht einmal, dass wir sie überhaupt treffen. Sie werden jenseits unserer bewussten Kontrolle von unserem Unterbewusstsein gesteuert. Der Verstand ist ein wunderbares Werkzeug, um Probleme zu analysieren. Er kann Ursachen und Wirkungen verstehen, Zusammenhänge herstellen und Ziele formulieren. Doch wenn es wie beim Rauchen darum geht, sein eigenes Verhalten langfristig zu ändern, scheint er nur ein Kurzzeitgedächtnis zu haben und gerne wieder in alte Muster zu verfallen. Der Verstand ist zwar ein gutes Werkzeug, aber er ist nicht unser Ich, sondern nur ein kleiner Teil unserer Persönlichkeit. Um uns zu verändern, müssen wir an den großen Teil ran, der unser Leben steuert und lenkt, und das ist unser Unterbewusstsein. Hier setzt die Hypnose an.
#993300; ">Vom Aufhören und Anfangen
Wie oft ich schon mit dem Rauchen aufgehört habe, kann ich nicht genau sagen, aber jedes Mal, wenn ich wieder anfing, lief der gleiche Mechanismus ab: Engelchen und Teufelchen stritten sich um meine Seele und des Teufels Schlagkraft basierte stets auf der Verharmlosung. Schließlich hatte ich doch gar nicht so viel geraucht, ließ er mich wissen. Die paar Kippen konnten so schlimm ja wohl gar nicht sein. Fast alle meine Freunde quarzten mehr als ich. Indem ich nicht rauchte, sparte ich kaum Geld, aber verpestete mit meiner schlechten Laune die Welt, zeterte er. So zog der Teufel des Glimmstängels stets den Engel der guten Vorsätze auf seine Seite und ebnete mir den Weg zurück in den Qualm. Doch diese Strategie hat nicht nur mein Verstand, sondern auch mein Unterbewusstsein dank der Hypnose durchschaut. Darauf falle ich so schnell nicht mehr rein. Nun rauche ich seit über einem Monat gerne nicht mehr und bin mir immer noch nicht sicher, was ich von der Hypnose halten soll, wie sie genau funktioniert und ob überhaupt, aber auf jeden Fall fällt es mir viel leichter, nicht wieder mit dem Rauchen anzufangen, als all die Male zuvor. Natürlich quatscht mich dann und wann der Teufel von der Seite an, und fragt mich, ob wir eine rauchen wollen, aber er ist viel weniger aufdringlich als früher und haut dann auch recht schnell wieder ab. Ob das an Ulf Kossels Zauberkräften liegt, weiß ich nicht, und solange die Macht mit mir ist, werde ich sie lieber nicht in Frage stellen.
#993300; ">Unser erstes Mal
[Andreas]: Man sieht es im Fernsehen und anderswo: Ominöse Hypnosegurus bringen Menschen dazu, Dinge zu tun, die sie gar nicht wollen. Sie werden fremdgesteuert und manipuliert. Andere halten das Ganze für Humbug und Scharlatanerie. Der Hypnose haftet ein zweifelhaftes Image an. Bevor ich Ulf kennenlernte, hatte ich die wildesten Vorstellungen und dachte, wir würden einfach einen Termin für eine einmalige „Schluss-mit-Rauchen-Hypnose“ vereinbaren und dann schon sehen, was wir davon haben. Daher war ich zunächst verwundert, dass Ulf sich erst einmal unverbindlich mit uns treffen wollte. Während unseres netten Gesprächs bei Kaffee und Kippe im Freien sprachen wir über das Wesen der Hypnose. Das nahm mir die Angst und ich hatte nicht mehr das Gefühl, dass es sich dabei um etwas Mysteriöses handelt. Ein paar Tage später ging ich zum Einzeltermin in Ulfs Göttinger Gesundheitspraxis in der Wiesenstraße. Jetzt fuchtelt er mir gleich mit einem Pendel vor den Augen herum und es geht ans Eingemachte, dachte ich mir, doch weit gefehlt. Was folgte, war ein eineinhalbstündiges Gespräch. Auch über das Rauchen, aber vor allem über meine Wünsche, Ziele und Ängste ebenso wie über meine Kindheit. Hier war ich also angekommen: in der Psychotherapie. Zumindest fühlte es sich ein bisschen so an. Zum Abschluss gab es noch eine kurze Hypnose – „nur mal so zum Üben und Genießen“, meinte Ulf verschmitzt. Als ich schließlich den wohl bekannten Weg nach Hause ging, fielen mir Dinge auf, die ich noch nie zuvor wahrgenommen hatte.
#993300; ">Das Unterbewusstsein auf Kurs bringen
Der Hypnotiseur führt seinen Klienten mithilfe ausgeklügelter Techniken in einen tief entspannten mentalen Zustand, die sogenannte „hypnotische Trance“, in der das Unterbewusstsein für eine Einflussnahme zugänglich ist. Dabei ist die hypnotische Trance ein völlig natürlicher Zustand, den wir jeden Tag erleben, erklärt uns Ulf. Wenn wir zum Beispiel lange Strecken Autofahren und uns dessen gar nicht mehr bewusst sind, dann sind wir genau dort: in der Trance. Wir müssen uns nicht darauf konzentrieren, was wir tun. Wir fahren einfach. Und wenn es Zeit ist, um zu handeln, dann tun wir das einfach, lange bevor der Verstand hinzugerufen wird und gegebenenfalls alles im Nachhinein analysiert. Trance, dieser Zustand im Hier und Jetzt, in dem der Verstand nichts mehr zu melden hat. Wenn wir an einer Blume riechen oder uns leidenschaftlich küssen und sich der Rest der Welt im gegenwärtigen Gefühl auflöst. Vergleichbar mit tiefer Meditation verändert sich dabei die Hirnaktivität messbar. Die Hirnwellen verlagern sich aus dem Beta-Bereich, der mit dem Tagesbewusstsein und der Dominanz des Verstandes verknüpft ist, hin zu einer Aktivität im Alpha-Bereich und in besonders tiefer Trance sogar bis in den Teta-Bereich hinein, wo sich der Verstand komplett zur Ruhe setzt und das Unterbewusstsein die Regie übernimmt. Angekommen in der Trance offeriert der Hypnotiseur seinem Klient#000000; ">en [hoffentlich] geeignete Suggestionen. Im Falle einer Raucherentwöhnungshypnose reicht eine leichte Trance, erfahren wir von Ulf. Dabei ist der Klient bei vollem Bewusstsein. Er bekommt alles mit. Nichts geschieht gegen seinen Willen. Nur, dass eben sein Unterbewusstsein ebenfalls mit von der Partie ist. Damit die Suggestionen ins Schwarze treffen, führt Ulf Kossel, der Hypnosecoach unseres Vertrauens, zuvor ein ausführliches Coachinggespräch. Denn nur wenn er weiß, wie sein Klient tickt, kann er ihn dort abholen, wo er sich befindet, um ihn dem näher zu bringen, wo er hinwill. Dabei sieht Ulf die Hypnose nicht als Weisheit letzter Schluss, sondern als Technik, um unsere Ziele einfacher zu erreichen, sich von Ängsten und Zwängen zu befreien, Trauer zu überwinden oder andere Probleme zu bewältigen. „Die Hypnose verstärkt den Effekt der Coachingsitzung um das 100-fache“, schätzt Ulf. Mit der Hypnose setzen wir das große Segel, anstatt wild herum zu rudern. Wir verankern die Zielvorstellungen unseres Verstandes in unserem Unterbewusstsein und machen die beiden so zu Verbündeten, die dann im Einklang an einer Veränderung arbeiten können.
#993300; ">Was als Nächstes geschah
Es folgten zwei weitere „Übungssitzungen“, in denen viel geredet und wenig hypnotisiert wurde. Es war erstaunlich, wie sehr ich diesem Mann nach so kurzer Zeit vertraute und ihm Dinge erzählte, die ich sonst höchstens meiner Freundin erzählen würde. Natürlich wurde bei unseren Sitzungen auch das Rauchen thematisiert. Aber viel wichtiger war das Thema Verantwortung. Meine Verantwortung für mein Leben, meine Gesundheit und mein Glück. Was mir nach der vierten und finalen Sitzung besonders in Erinnerung geblieben ist: Niemand sagt, dass es leicht ist, mit dem Rauchen aufzuhören. Aber das spielt überhaupt keine Rolle, weil ich mir mittlerweile der Verantwortung für mich und mein Leben viel mehr bewusst bin. Rauchen war ein Symptom meines Verdrängungsmechanismus. Eines von vielen. Meine letzte Zigarette ist nun gut vier Wochen her. Und ja, ich hatte Entzugserscheinungen. Aber ich habe kein einziges Mal daran gezweifelt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Weil ich gerne zehn Jahre länger lebe. Und das bei besserer Gesundheit.
PS: Dieser Artikel erschien erstmalig in der 14. Ausgabe des VONWEGEN-Magazins im November 2018.
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