Wie man die Liebe in den Sand setzt

#Seelenleben #Sex #LiebenLernen

Was viele von uns bereits intuitiv beherrschen, ohne es zu wissen, wird im Folgenden auf den Punkt gebracht: Eine Anleitung dafür, wie man ein toxisches Klima konstruiert, eine Partnerschaft ruiniert und dabei so richtig schön unglücklich wird. Die gute Nachricht: Diesen Menschen kann geholfen werden, wenn sie dazu bereit sind, ihr Bewusstsein zu erweitern. [Teil 1]

[Text: Manfred Langer aka Manni | Illustration: Charlotte Karnasch]

Wir alle wünschen uns eine Partnerschaft, die uns bereichert, erfüllt, beruhigt, befriedigt oder sogar glücklich macht. Doch obwohl wir scheinbar sehr konkret wissen, was wir wollen, funktioniert das Ganze in der Praxis oftmals mehr schlecht als recht. Wo liegt das Problem? Wie kann es sein, dass es so viele verzweifelte Singles gibt und warum trennen sich eigentlich ständig alle? Ganz zu schweigen von denen, die in ihren Partnerschaften unglücklich sind. Partnerschaft? Was is'n das eigentlich? Wie geht'n das überhaupt? Gab es leider in der Schule nicht als Fach. Dafür wissen wir aber, dass Pi unzählige Stellen hinterm Komma hat und was 1789 in Frankreich los war. Na super. Ganz großes Tennis. Soviel zum Thema „die Schule bereitet Dich aufs Leben vor“. Einen Scheiß tut sie. Denn auf das Wichtigste, nämlich das Zwischenmenschliche, hat sie uns nicht vorbereitet. Deshalb bleibt uns vorerst nichts anderes übrig, als erst einmal nachzuäffen, was andere uns vorleben. Wir kupfern ab. Dummerweise meistens von den Falschen. Nämlich von unseren Eltern, die mittlerweile wahrscheinlich schon geschieden sind. Früher haben sie uns Märchen vorgelesen und später haben sie vergessen zu erwähnen, dass es auch Bücher über das wahre Leben und die Liebe gibt, die man sich reinziehen könnte [und sollte!], weil man dann im Durchschnitt zufriedenere Partnerschaften führt. Und so mäandern wir durchs Märchenland und fahren einen Karren nach dem anderen an die Wand.

Und die Moral von der Geschicht’? 

Wie kommen wir raus aus dieser Nummer mit unseren schrägen Annahmen über Partnerschaften? Hierzu eine kleine Anekdote: Wir sitzen bei einer Fortbildung mit 20 Teilnehmer*innen am Mittagstisch. Alle berichten ein bisschen darüber, woher sie kommen, wohin sie gehen. Ein Paar erzählt, dass es seit 24 Jahren verheiratet ist und streut in einem Nebensatz ein, dass die beiden in getrennten Wohnungen leben. Die Folge: betretenes Schweigen am Tisch, weil alle denken, das Paar befände sich in der Trennungsphase. Doch dann das: „Wir haben noch nie zusammen gewohnt. Als wir damals geheiratet haben, hat jeder seine Wohnung behalten, weil uns klar war: Wenn wir zusammen gezogen wären, hätten sich unsere Wege nach ein paar Jahren getrennt. Und das wollten wir vermeiden.“ Was geschieht in Dir, wenn Du diese Geschichte hörst? Knirscht es da irgendwo ganz hinten im Gebälk? Oder im Herzen? Was diese beiden Menschen leben, ist ein unorthodoxes Partnerschaftsmodell, das für sie genau das richtige ist. Was uns daran aufhorchen lässt, ist die Tatsache, dass wir eben eine sehr konkrete Schablone dafür haben, wie eine Partnerschaft zu laufen hat. In diesem Fall: Spätestens wenn man heiratet, zieht man zusammen. Sagt wer? Wir selber. Hier noch eine andere, althergebrachte Annahme aus dem Märchenland: Ein Mann, der sich in einer Partnerschaft befindet, geht nicht mehr mit anderen Frauen aus. Auch nicht, wenn er diese andere Frau seit 20 Jahren kennt und die beiden beste Freunde sind. Selbiges gilt natürlich auch für die Frau, die ebenfalls hübsch-brav zu Hause bleibt und sich höchstens noch mit ihren Mädels trifft. Männliche, langjährige Freunde? Weg damit! Auf diese Weise beschneidet man sich um einen wichtigen Teil seiner eigenen Persönlichkeit und belastet damit nicht nur sich selbst, sondern auch die Partnerschaft. Denn die oft unausgesprochene Absprache „Ich opfere meine gegengeschlechtlichen Freunde für die Beziehung, aber dann musst Du auch Deine opfern“ führt immer ins Unglück. Diese Rechnung geht niemals auf. Und wer so etwas ernsthaft von seinem Partner erwartet, der hat ein großes Problem – mit sich selbst. 

Die Kernfrage

Vergiss jetzt mal die ganzen Märchen, hör ganz tief in Dich hinein und führ selbst Regie in Deinem Liebesleben: Wie würde eine Partnerschaft aussehen, die Du liebend gerne führen möchtest? Bei der Beantwortung dieser Frage gibt es erst einmal kein richtig oder falsch, aber es ist wichtig, dass Du Dein stets forderndes, niemals zufriedenes, moralapostelndes Über-Ich jetzt erst mal vor die Tür setzt, bevor Du Dir dann Zettel und Stift schnappst und einfach herunter schreibst, was Dir in einer Partnerschaft wirklich wichtig ist. Lass es raus. Offenbare Dir Deine geheimsten Wünsche, denn es geht dabei um die Bewusstmachung des Unbewussten, nicht um Korrektur. Die passiert dann später von allein. Aber um einen Wunsch Realität werden zu lassen, musst Du Dir zuvor eingestehen, dass Du ihn hast.

Brauchst Du noch oder liebst Du schon?

Viele Menschen haben sich nämlich in Wirklichkeit noch gar keine Gedanken darüber gemacht, welche Art von Beziehung sie gerne führen würden. Einige hegen die diffuse Hoffnung, sich in einer Partnerschaft endlich vollständig zu fühlen. Sie meinen, jemanden an ihrer Seite zu brauchen, weil sie so schlecht allein sein können, und wundern sich dann, wenn sie sich in diesem Konstrukt um ein Vielfaches einsamer fühlen, als sie es allein jemals hätten werden können. Aber wer von uns geht in eine Beziehung mit dem Wunsch, Liebe zu schenken? Sicher nicht so viele. Meistens wollen wir vom anderen etwas haben, weil wir glauben, dass Partnerschaft ein Geben und Nehmen ist. Setz Dich lieber, denn die Wahrheit lautet: Partnerschaft ist KEIN Geben und Nehmen. Es ist SEIN. Denn unter Geben und Nehmen verstehen wir so etwas wie: Ich beschneide mich um diese oder jene Freiheit und gebe somit einen Teil meiner Persönlichkeit auf, und dafür tut mein Gegenüber das gleiche für mich. Fatal hierbei: Je mehr wir meinen, einen Partner im negativsten Wortlaut zu „brauchen“, desto höher ist unsere Bereitschaft, uns „auf den anderen einzustellen“, uns also unser eigenes Wesen zu beschneiden und gewissermaßen in Raten in die Grube zu fahren. Das Schlimmste daran: Wir spielen uns selbst und unserem Partner einen Menschen vor, der wir in Wirklichkeit gar nicht sind. Liebe und Freiheit scheinen in unserem Kulturkreis oftmals nicht miteinander vereinbar zu sein. Darum glauben viele Menschen, dass man sich zwischen den beiden entscheiden müsste. Dieses diametrale Denken hat Millionen von Partnerschaften gekillt und führt in vielerlei Hinsicht an den Abgrund. Denn die Liebe ist in ihrem Wesen frei. Man kann sie nicht erzwingen, sie folgt keinen Gesetzen und wenn man sie einsperrt, dann wird sie müde. Wer den anderen beansprucht, liebt ihn nicht. Es handelt sich dann um etwas anderes. Muss ja nichts Schlimmes sein, nur Liebe ist es eben nicht.

Eine Lanze auf dem Schädel der Moral zerbrechen. 

Wenn wir alle die Partnerschaften führen würden, die wir wirklich wollen, ohne uns um ungeschriebene, moralische Gesetze zu scheren, dann wären wir glücklichere Menschen. Es gibt die Ansicht, dass man einen Menschen, den man wirklich liebt, nicht besitzen will. Sondern dass man einfach will, dass es ihm gut geht. Oder frei nach Konfuzius: „Was Du liebst, lass frei. Kommt es zurück, gehört es zu Dir.“ 

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