Das Unerfreulichste zu guter Letzt

#Leben+Sterben #Lokales #Macht+Protest #Rechtsfragen

Wir müssen leider alle sterben. Die Frage ist bloß, wie man sich selbst und seine Liebsten am besten darauf vorbereitet. Woran man denken sollte, bevor es zu spät ist, erklärt uns die Rechtsanwältin und wahrscheinlich jüngste Notarin Göttingens Eliane Krüger anschaulich, eindringlich und lebensfreundlich.

[Text: Vanessa Pegel]

„Wenn es mit dem Demenz kranken Vater Zuhause nicht mehr geht, und man ihn schweren Herzens in einem schönen Pflegeheim unterbringen und seine Wohnung kündigen will, und dann zu hören bekommt, dass man dazu als Tochter, Sohn oder sogar als liebende Ehefrau rechtlich nicht befugt ist, dann versteht man die Welt nicht mehr“, sagt die Notarin und Fachanwältin für Familien- und Erbrecht Eliane Krüger, bevor sie noch einen drauf setzt: „Wenn einem dann auch noch ein gerichtlicher Vormund vor die Nase gesetzt wird, der*die plötzlich die Angelegenheiten und damit das Schicksal des eigenen Vaters oder Ehemanns regeln soll, dann fällt man schon mal vom Glauben ab.“ 

Was klingt, wie ein Vorgehen, das eigentlich nur ein Versehen sein kann, ist von Rechts wegen ein ganz „normaler“ bürokratischer Akt, der immer häufiger vollzogen wird. Denn mit der Lebenserwartung der Menschen wächst auch die Zahl der Demenzkranken. Weil kaum jemand auf die bürokratischen Konsequenzen dieser Erkrankung vorbereitet ist, suchen immer mehr verzweifelte Töchter, Söhne, Ehefrauen und Ehemänner von Demenzkranken bei Anwält*innen wie Eliane Krüger juristischen Rat. „Die Angehörigen sind verständlicherweise erzürnt, wenn plötzlich einem gerichtlichen Vormund die Entscheidungsmacht übertragen wird, doch wie im richtigen Leben, gilt leider auch hier: Ist das Kind erst mal in den Brunnen gefallen, kommt es da so schnell nicht wieder raus. Und die Mühlen des Gesetzes mahlen bekanntlich langsam, was besonders schmerzhaft ist, wenn der*die Betroffene wahrscheinlich nicht mehr allzu lange zu leben hat“, sagt sie und stellt klar: „Um derartige Fälle von vornherein zu vermeiden, rate ich meinen Klient*innen stets dazu, sich um eine Vorsorgevollmacht für sich selbst und – sofern noch nicht vorhanden – auch für ihre Eltern zu kümmern, bevor es dafür zu spät ist, weil die Demenz schneller war.“ 

 Die Vorsorgevollmacht  

WOZU? Mit einer Vorsorgevollmacht bestimmt ein Mensch nach deutschem Recht eine Person seines uneingeschränkten Vertrauens dazu, im Falle einer Notsituation alle oder bestimmte Aufgaben in seinem Sinne zu erledigen, falls er*sie selbst dazu nicht mehr in der Lage ist. „Der Bevollmächtigte wird also zum Vertreter im Willen und handelt an Stelle des Vollmachtgebers. Somit ist die Vorsorgevollmacht ein ideales Instrument zur Selbstbestimmung für den Fall, dass man nicht mehr selbst bestimmen kann“, resümiert Eliane Krüger.

WER? Um eine andere Person zu bevollmächtigen, muss der*die Vollmachterteilende volljährig und bestenfalls im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte sein. „Außerdem sollte unbedingt sichergestellt werden, dass der*die Bevollmächtigte damit einverstanden und sowohl intellektuell als auch zeitlich und örtlich in der Lage dazu ist, dieser verantwortungsvollen Aufgabe auch tatsächlich gerecht zu werden“, betont die Juristin.

WANN? Der Vorsorgefall tritt ein, wenn der*die Vollmachtgeber*in beispielsweise aufgrund von Demenz oder einer anderen Krankheit, aufgrund eines Unfalls oder einer wie auch immer gearteten Notsituation die erforderliche Entscheidungsfähigkeit für eine freie Willenserklärung verliert und sich selbst nicht mehr um seine*ihre persönlichen Belange kümmern kann. 

WAS? Der Umfang der Vorsorgevollmacht kann frei bestimmt werden. Dabei unterscheidet man zwischen vermögensrechtlichen und persönlichen Belangen. Im Rahmen der persönlichen Angelegenheiten kann der*die Bevollmächtigte bezüglich gesundheitlicher Fragen im Sinne des*der Vollmachtgebenden entscheiden, wie z.B. über die Unterbringung in einem Pflegeheim oder die Einwilligung in Operationen. 

Zu den vermögensrechtlichen Angelegenheiten gehören das Handeln gegenüber Gerichten, Behörden, Banken und sonstigen öffentlichen Institutionen. „Darunter fällt beispielsweise auch die Befugnis, die Wohnung eines Demenzkranken zu kündigen oder dessen Haus zu verkaufen, um beispielsweise die Kosten für das Pflegeheim stemmen zu können“, veranschaulicht die Rechtsanwältin und Notarin. 

WIE? Eine Vorsorgevollmacht kann sowohl schriftlich als auch mündlich erteilt werden. Letzteres ist jedoch leicht anfechtbar, weil schwer zu beweisen. Deshalb sollte man sie unbedingt schriftlich hinterlegen. Für die Durchsetzung vermögensrechtlicher Angelegenheiten  und gegen etwaige Zweifel, ob der*die Vollmachtgebende zum Zeitpunkt der Erteilung noch geschäftsfähig war, ist es darüber hinaus ratsam, die Vorsorgevollmacht notariell beglaubigen und verwahren zu lassen. „Dann kann man auch sicher sein“, so Eliane Krüger, „dass die Angehörigen das notwendige Original-Dokument nicht erst lange suchen müssen, sondern genau wissen, wo es im Ernstfall zu finden ist.“

In diesem Sinne: Das Leben endet leider tödlich, aber wenn man darauf gut vorbereitet ist, kann man es bis dahin besser genießen!

 

 

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